Kultur braucht Ehrenamt

Kultur braucht Ehrenamt – Begeisterung wecken, Motive entdecken

 

Viele Vereine suchen Ehrenamtliche, vor allem im kulturellen Bereich, und umgekehrt würden sich gerne viele Interessierte ehrenamtlich engagieren. Doch wie kann man Menschen ansprechen und sie für eine Tätigkeit im Verein oder einer Initiative begeistern? Dieser Leitfaden soll allen Interessierten hilfreiche Tipps geben, um das kulturelle Ehrenamt attraktiver zu machen. Im Rahmen der Online-Konferenz „Kultur braucht Ehrenamt – Begeisterung wecken, Motive entdecken“, im Dezember 2020, die der Cuxhavener Kunstverein initiiert hat mit der Unterstützung der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt, haben die Teilnehmenden aus Cuxhaven, dem Landkreis Cuxhaven und dem weiteren Umfeld, wichtige Ideen und Tipps diskutiert sowie aus eigenen Erfahrungen berichtet, die in diesem Leitfaden für alle Interessierten öffentlich gemacht werden, natürlich ortsunabhängig. Wir würden uns freuen, wenn wir damit einige Impulse geben könnten für ein engagiertes Ehrenamt.

 

 

1. Ein Verein muss begeistern

Wie sollte sich ein Verein zeigen, um andere zu begeistern und zum Mitmachen zu motivieren? Nach einer Studie des Freiwilligen Surveys nennen die Ehrenamtlichen vor allem drei Gründe, warum sie sich engagieren: Spaß an der Vereinsarbeit, das Kennenlernen von anderen Menschen und auch mit unterschiedlichen Altersgruppen zusammen sein, also generationsübergreifend Dinge gestalten.

 

Ganz wichtig ist es deshalb, dass ein Verein für die potenziellen Ehrenamtlichen, aber auch generell für die öffentliche Wahrnehmung, nach außen transparent wirkt. Zielsetzungen und Leitlinien des Vereins ermöglichen viel besser eine persönliche Identifikation. Insofern wäre es wichtig, dass ein Verein sich selbst Leitideen setzt und diese an die Mitglieder und nach außen darstellt. Dies kann wiederum zu einem positiven Vereinsimage führen. Nicht jeder kennt ja den Verein bzw. hat nur geringe Informationen. Vielleicht gibt es auch Möglichkeiten wie z.B. einmal im Monat ein öffentliches Treffen, an dem jeder teilnehmen kann.

 

Auch die Perspektive der Einrichtung für die Zukunft kann eine nicht unerhebliche Rolle spielen. Wie sieht sich der Verein in den nächsten Jahren? Gibt es eine bestimmte Ausrichtung oder Ziele? Wenn dies wieder nach außen kommuniziert wird, erscheinen auch die Inhalte des Vereins klarer.

 

Viele potenzielle Ehrenamtliche fragen sich auch, wie die Strukturen des Vereins aussehen. Welche Bereiche gibt es? Wo und wie kann man mitarbeiten?

 

Gibt es eine Hierarchie? Je transparenter und kooperativer ein Verein als Gemeinschaft aufgestellt ist, desto attraktiver wirkt er auf Ehrenamtliche.

Auf den Punkt

·       klare und transparente Strukturen

·       angenehmes Vereinsklima

·       Zielsetzungen und Leitideen des Vereins ermöglichen eine persönliche Identifikation

·       möglichst wenig Hierarchien in der Teamarbeit

·       positive Außendarstellung

 

·       Zukunftsperspektive benennen

2. Den Beginn einfach machen

Sobald der erste Schritt getan ist und Menschen, die sich im Verein engagieren wollen, Interesse zeigen, sollte man den Einstieg einfach und positiv gestalten. Die Interessenten sollten nicht als kostenlose Arbeitskraft gesehen oder gleich vereinnahmt werden, sondern sich vielmehr mit dem Verein identifizieren können. Dafür brauchen sie genügend Zeit, um sich erst einmal im Verein orientieren zu können.

 

Ideal wäre es auch, wenn sich ein Mentor um einen neuen Interessierten kümmern könnte bzw. wichtige Informationen geben kann, sodass sich Neue gut betreut fühlen. Auch die Meinung der Neuen muss ebenso wichtig sein wie die der langjährigen Ehrenamtlichen, sodass eine Zugehörigkeit von Anfang an entstehen kann.

 

Unterschätzt wird oft der Zeitfaktor. Während sich früher Menschen viele Stunden in der Woche um ‚ihren‘ Verein gekümmert haben, ist dies heute durch Beruf und Familie bedingt und nur noch entsprechend weniger möglich. Der zeitliche Umfang und Wunsch sollten am besten bereits am Anfang geklärt werden, damit es nicht zu Missverständnissen kommt.

Wenn anstehende Sitzungen und Versammlungen so ablaufen, dass sie anregend sind, werden auch sie gerne besucht.

Auf den Punkt

·       Interessierten genügend Zeit lassen

·       Orientierung oder Mentoring anbieten

·       zeitliches Engagement absprechen

·       neue Meinungen hören

 

·       Sitzungen anregend gestalten

3. Keine Sorge vor dem etablierten Vorstand

Viele Vereine haben oftmals Probleme, Ehrenamtliche für die Vorstandsarbeit zu gewinnen. Von den Neuen wird der Vorstand oft als etabliert angesehen, der sich bereits über Jahre kennt. Um die Hürde zu nehmen und die Arbeit im Vorstand erst einmal kennenzulernen, könnten Interessierte zunächst im Beirat anfangen, um so Zeit für ihre Entwicklung zu bekommen.

 

Andererseits ist es aber auch möglich, dass beispielsweise der/die Vorsitzende jährlich wechselt, sodass jeder Interessent die Möglichkeit hat, auch ein solches Amt auszuüben. Durch ein Rotationsprinzip können immer wieder neue Akzente im Verein gesetzt werden.

 

Wichtig ist es auch, dass Ehrenamtliche z.B. in Projektgruppen oder Kompetenzteams arbeiten und sich um bestimmte und gezielte Aufgaben je nach Neigung kümmern. So können sie bereits früh Eigenverantwortung übernehmen und sich mit ihren Themen in den Verein einbringen. Auch kleinere Projekte können anfangs übernommen werden, die in sich abgeschlossen sind, um erste Erfolgserlebnisse zu haben, bevor man sich auf Jahre festlegen muss. Je mehr Spaß solche Projekte machen und die individuellen Vorlieben mit eingebracht werden, desto größer ist der Gewinn sowohl für die Interessierten als auch für den Verein.

 

 

Auf den Punkt

·       Vorstand kennenlernen

·       Einstieg evtl. als Beirat

·       Evtl. Rotationsprinzip im Vorstand

·       Projektgruppen oder Kompetenzteams bilden

 

·       Erfolge durch Eigenverantwortung

4. Jugendliche und junge Erwachsene ansprechen

Jugendliche und junge Erwachsene sind in Schule, Ausbildung oder Studium oft stark eingebunden. Trotzdem engagieren sich viele ehrenamtlich. Um einen Kontrast zu den festen Strukturen einer Ausbildung zu setzen, kann ein Verein gerade Jugendlichen und jungen Erwachsenen hier viel mehr Experimentierfelder bieten, um eigene Entscheidungen zu treffen.

 

Zeitlich begrenzte oder kleine Zeitfenster ermöglichen gerade den jungen Ehrenamtlichen, besondere und ihnen am Herzen liegende Projekte begeistert umzusetzen, ohne langfristige Verpflichtungen eingehen zu müssen. Nach der Schule, Ausbildung oder dem Studium ziehen viele in einen anderen Ort und haben somit nicht die Möglichkeit, sich von vornherein langfristig im Verein zu binden. Aber sicherlich bleiben gute Kontakte bestehen und sind wichtig für das Netzwerk. Und vielleicht zieht es ja den einen oder anderen wieder später in seine Heimat zurück.

 

 

Auf den Punkt

·       Experimentierfelder bieten

·       Zeitlich begrenzte Projekte ohne langfristige Verpflichtung

·       Kontakte auch nach Wegzug pflegen

 

·       Engagement unterstützen

5. Den Verein und den Wunsch nach Ehrenamtlichen öffentlich machen

Viele potenziell Interessierte wissen gar nicht, dass ein Verein neue Ehrenamtliche sucht. Hier ist es wichtig, bereits früh Kontakt mit Menschen aufzunehmen. Dies kann z.B. über Kursteilnehmer oder Besucher erfolgen, um sie für ein Ehrenamt zu gewinnen, aber auch durch direkte Ansprache, um Menschen zu begeistern.

 

Auch Netzwerke und Social Media spielen eine große Rolle. Eine aktuelle Website informiert über das Vereinsgeschehen und stellt einen guten Außenkontakt dar. Über facebook lassen sich Veranstaltungen bewerben und man kann hier auch sehr gut mitteilen, dass man Ehrenamtliche sucht.

 

Auch ein Newsletter, der regelmäßig verschickt wird, kann neben Infos über Vereinsaktivitäten auch prima zur Gewinnung von Interessierten dienen, da gerade in den Medien viel geteilt und weiter geleitet wird.

 

Ebenso ist die Presse ein wichtiger Kontakt und sollte gepflegt werden. Vielleicht interessiert sich ja jemand besonders für Öffentlichkeitsarbeit und könnte dieses Feld übernehmen? 

Auf den Punkt

·       Kontakte über Kursteilnehmer oder Besucher aufnehmen und vertiefen

·       Aktuelle Website mit positiver Außendarstellung

·       Social Media nutzen wie facebook oder instagram

·       Evtl. Newsletter mit Vereinsaktivitäten

·       Pressekontakte aufbauen

 

·       Ehrenamt ‚Öffentlichkeitsarbeit‘

6. Auch ein verein braucht Fortbildung und netzwerke

Auch Ehrenamtliche, die sich schon seit Jahren im Verein engagieren, können und müssen nicht alles wissen. Bereichernd können hier Fortbildungen sein, die bestimmte Schwerpunkte haben, wie beispielsweise Personalführung oder Vereinsmanagement. Dies macht einerseits Spaß, weil man auf Fortbildungen sehr gut netzwerken kann und andererseits wichtige und neue Impulse bekommt.

 

Interessant ist es auch, wenn gerade kleinere Vereine untereinander Netzwerke bilden und sich gegenseitig austauschen oder sogar Projekte gemeinsam veranstalten. So kann ein ganz neuer Besucherkreis gewonnen werden. 

Auf den Punkt

·       Möglichkeiten zur Fortbildung wahrnehmen

 

·       Netzwerke mit anderen Vereinen bilden

7. Wichtig ist Wertschätzung

Anerkennung und Wertschätzung sind wichtige Aspekte, die motivieren. Auch im Gespräch kann man andere durch Reden und Handeln aufwerten und ihnen Wertschätzung entgegenbringen. Ebenso anerkennend end ist Zuhören und die Meinung des anderen nachzuvollziehen. Wenn Konflikte kreativ gelöst werden, gibt dies Sicherheit. Ein besonderer Aspekt ist es, den Ehrenamtlichen zu vermitteln, dass ihre Arbeit wichtig ist und gebraucht wird. Ein gemeinsames Ziel des ganzen Vereins stärkt und gibt allen Beteiligten Rückenwind.

 

„Wenn du ein Schiff bauen willst,

dann trommele nicht Männer zusammen,

um Holz zu beschaffen,

Aufgaben zu vergeben

und Arbeit einzuteilen,

sondern lehre sie die Sehnsucht

nach dem weiten endlosen Meer.“

(Antoine de Saint-Exupéry)

 

Weitere Informationen bekommen Sie bei der engagierten Stadt (www.engagiertestadt-cuxhaven.de), den Ehrenamtslotsen bei der Stadt Cuxhaven, dem Netzwerk Kultur beim Landkreis Cuxhaven und beim Cuxhavener Kunstverein e.V. (www.cuxhavener-kunstverein). Die Tipps sind auch als Broschüre verfügbar. Wir danken der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt für die Unterstützung.